Die Kunst des Ledergerbens

Die Gerberei

Die Ledergerbung ist der entscheidende Schritt bei der Lederherstellung, da sie die rohe, verderbliche Tierhaut konserviert, in widerstandsfähiges Leder verwandelt und ihr Flexibilität und einen angenehmen Griff verleiht.

Vor dem eigentlichen Gerbprozess müssen die Häute entfleischt und im Äscher mit Kalk behandelt werden. Außerdem gehören noch das Enthaaren und das sogenannte „Abstoßen“, bei dem Narben in der Tierhaut eingeebnet werden, zur Vorbereitung.
Danach kommt alles nach einer vergleichsweise kurzen Vorgerbung in den großen Gerbbottich, wo dann die Felle für fünf bis sechs Wochen in Fischtran ruhen. Diese Gerbbehälter fassen fünf bis sechs Kubikmeter, werden aber nur ungefähr bis zur Hälfte befüllt, da die Felle ähnlich wie bei der Kleidung in der Waschmaschine noch genügend Spielraum haben müssen.
Anschließend wird der Tran wieder zu 99 % ausgewaschen, wonach man die Häute auseinanderzieht, trocknet und abschleift.

Gerbarten:

Weißgerberei

Bei der Alaun- bzw. Weißgerberei erfolgt die  Gerbung häufig mit Mineralsalzen. Sie verarbeitet Häute von der schwersten Rinderhaut über Kalb- und Ziegenfelle und oft auch Wildhäute bis hin zum leichtesten Schaffell. Beispiele dieser Methode zeigten sich bereits in den Funden der europäischen Bronzezeit. Für Erzeugnisse der eißgerberei sind die Namen „Irch“ (ahd. irah, iroh) für weißes Bocks- oder Gemsenleder erhalten.

Sämischgerbung

Die Sämischgerberei ist eine der ältesten Gerbtechniken. Der Gerbvorgang liefert ein sehr weiches, oft sich samtartig anfühlendes Leder. Sämischleder wird hauptsächlich für  Trachtenbekleidung eingesetzt. Hierfür ist eine gerne verwendete Rohhaut Rotwild (Hirschleder).
Sämischleder nimmt bis zum achtfachen Gewicht Wasser auf, üblicherweise das Dreifache. Meistens ist Sämischleder auf beiden Seiten ein Rauleder, bei dem die oberste Hautschicht chemisch abgestoßen oder mechanisch abgeschliffen wurde. Der gute Isoliereffekt ist ein Vorteil bei der Verarbeitung zu Handschuhen. Der Gerbprozess dauert traditionell etwa sechs bis neun Monate und besteht aus zwei Phasen, die abwechselnd mehrfach wiederholt werden: einerseits dem Walken in sich drehenden, mit Tran versehenen Fässern; andererseits einer Trockenphase, die den Tran zwischenzeitlich in die Lederfaser bindet. Nach Beendigung der Gerbung erfolgt eine Spülung mit Sodawasser zwecks Entfernung nicht mehr benötigten Fettes.

Gut zu wissen:

Fragen & Antworten

Das Hauptgeschäft der Gerberei Kendlbacher ist Hirschleder, welches viele Vorteile hat: Es ist atmungsaktiv, strapazierfähig, leicht zu pflegen und darüber hinaus ist durch die natürliche Weichheit auch noch der Tragekomfort hoch. Aus diesen Gründen besteht viel Nachfrage vonseiten der Bekleidungsindustrie. Wir arbeiten daher zu 85 % für die Kurzlederhosenproduktion. Die Hirschfelle dafür beziehen wir aus Neuseeland, wo es ja große Rotwildfarmen gibt. Was sich jetzt sehr stark entwickelt hat, ist Leder als Material für die Innenreinrichtung, z. B. als Teppich, Wandbehang oder für Stühle und dergleichen. Unsere Produkte werden auch bei Prothesen und in der Autoindustrie als Bezugsstoff verwendet. Natürlich nehmen wir auch Aufträge von Jägern an, die sich aus einem geschossenen Hirsch eine Jacke oder Hose machen lassen wollen. Da steht dann der emotionale Aspekt deutlich im Vordergrund. Wir führen auch ein kleines Geschäft neben der Werkstatt, welches ausgesuchte Lederbekleidung führt.

Ohne die Ruhezeiten braucht es für die Sämischgerbung insgesamt 14 bis 16 Wochen. Das ist um einiges länger als etwa beim Weißgerben, für das nur ca. zwei bis drei Wochen nötig sind. Bei Einzelaufträgen von Privatkunden dauert es jedoch in der Regel länger, da wir diese Häute gesondert verarbeiten – die gingen sonst in der Masse unter. Bis sich genügend Felle für eine separate Tour im Bottich angesammelt haben, braucht es halt einige Zeit.

Am besten ist es, mir die Haut gleich nach dem Erlegen zu bringen. Zum Konservieren muss die Trophäe gut auf der Fleischseite eingesalzen oder gleich eingefroren werden. Der Aufwand ist da ungefähr derselbe für uns, da wir die Haut nachher eh noch einmal nachsalzen müssen. Man sollte sich als Jäger, der noch lange Freude an seiner Trophäe haben möchte, aber schon Zeit nehmen beim Einsalzen und darauf achten, dass Läufe, Bauch etc. genügend abbekommen. Wenn du das nicht ordentlich machst, besteht die Gefahr einer erheblichen Qualitätsminderung.

Ja, wir beschränken uns nicht ausschließlich auf Rotwild. Die Decke eines Schwarzkittels habe ich beispielsweise gerade unten in Arbeit. Auch Zebras waren schon dabei und unlängst haben wir sogar eine Elefantenhaut hereinbekommen. Die Kunden brauchen mir in solchen Fällen nur ein Zertifikat über den rechtmäßigen Ursprung der Trophäe vorzulegen. Wie solche Sachen konkret ins Land gebracht werden und wie das beantragt wird, weiß ich nicht, denn mein Job ist eben nur das Gerben. Was Gams oder Schafe und dergleichen betrifft, sind wir halt eigentlich nicht in der Sparte. In unserer Branche muss sich jeder Betrieb auf einen bestimmten Bereich spezialisieren, denn das ganze Feld lässt sich ganz einfach nicht abdecken.